Freitag, 1. Januar 2021

Erfahrungsbericht Sony RX100: Sind Kompaktkameras wirklich so gut wie vielfach behauptet wird?

Meine Erfahrungen mit der RX100 als Alternative zur Systemkamera

Vor allem bei Städtereisen oder Outdoor-Freizeitaktivitäten wie Wandern oder Mountainbiken bietet sich eine kleine kompakte Kamera wegen des geringen Gewichts und der geringen Größe an. Ich will hier in diesem Bericht meine Erfahrungen mit Kompaktkameras anhand einer Sony DSC RX100 der ersten Generation (Mark I) aufzeigen - wobei das meiste auch auf die neueren Modelle übertragbar ist. 

Auch wenn Kompaktkameras gerne für Videoaufnahmen eingesetzt werden, will ich das Thema Video hier weitgehend ausklammern. In diesem Artikel wird ausschließlich der Aspekt der Fotografie und des allgemeinen Handlings betrachtet.


Sony DSC RX100 (Mark I) mit Griff AG-R2

Warum für Fotos keine einfache Point-and-Shoot-Kamera, sondern eine teure Edel-Kompakte?

Wenn man über die Anfängerphase der Fotografie hinaus ist, hat man irgendwann gewisse Ansprüche an eine Kamera. Bei mir sind das der manuelle Modus M und die Halbautomatiken A und S sowie die Möglichkeit RAW-Dateien zu erzeugen. Damit fallen schon viele Kameras aus der engeren Auswahl heraus. Vielleicht bin ich mit diesen Kriterien auch die Ausnahme, denn wenn man sich mal bei den Kaufangeboten von gebrauchten Kompaktkameras auf den Bildern anschaut, in welcher Position das Moduswahlrad steht, dann ist dort selten eine dieser Einstellungen gewählt. Letztlich setzt aber jeder seine eigenen Prioritäten, die am Ende zum Kauf einer High-End-Kompaktkamera führen können. Bei dem einen mag es vielleicht die Sensorgröße sein, bei dem anderen das lichtstarke Objektiv oder vielleicht auch ein großer Brennweitenbereich.


Gebrauchtkauf: Warum eine Sony RX100 Mark I? Es gibt doch neuere und bessere Modelle!

Die RX100 ist 2012 erschienen und Sony hat seitdem fast jedes Jahr ein neues Modell der RX100 herausgebracht. Aktuell ist die Generation 7 (Mark VII).  Da die ursprüngliche RX100 (Mark I) immer noch produziert wird, ist anzunehmen, dass die Mark I technisch nicht überaltert sein kann und durchaus noch ihre Existenzberechtigung am Markt hat. Da ich bereits diverse DSLR und spiegellose Systemkameras besitze, wollte ich für eine Kompaktkamera erstmal nur ein begrenztes Budget von maximal 200 EUR einsetzen.

Aktuell hat die Sony RX100 Mark I als günstigstes Modell der Reihe einen Neupreis von unter 300 EUR. Gebrauchte und gut erhaltene Exemplare liegen ungefähr bei der Hälfte. Die neueren Modellvarianten sind mittlerweile im Neupreis stark gefallen, was sich aber nicht sonderlich auf den Gebrauchtpreis auswirkt. Klar, wer einmal 800 EUR für seine neue RX100 Mark III bezahlt hat, der möchte heute mindestens noch zwischen 300 und 400 EUR dafür haben, auch wenn sie im Laden neu schon für 500 EUR zu haben ist. Damit ist es trotz sinkender Neupreise sehr unwahrscheinlich, hier ein Schnäppchen mit einer gebrauchten Mark III zu machen.

Die RX100 Mark II ist grundsätzlich teurer als die Mark I, unterscheidet sich aber nur in zwei Details: Die Mark II hat einen Blitzschuh für Aufsteckblitze und ein klappbares Display. Mal ganz ehrlich - wenn ich schon einen großen Aufsteckblitz mitschleppe, muss es dann zwingend eine Kompaktkamera sein? Dann spielen die paar Gramm Mehrgewicht einer spiegellosen Systemkamera auch keine Rolle mehr. Das hat Sony offenbar auch erkannt und kein weiteres Nachfolgemodell mit einem Blitzschuh ausgestattet. Abgesehen davon haben die Modelle ab Mark III einen elektronischen Sucher, so dass für einen Blitzschuh einfach kein Platz mehr bleibt, will man nicht auf den eingebauten Blitz verzichten. Die andere Neuerung gegenüber der Mark II gegenüber der Mark I ist das klappbare Display. Hier muss man persönlich entscheiden, ob das den Mehrpreis gegenüber der Mark I wert ist. Nun, mir war es das nicht wert.

Letztlich ist es eine RX100 Mark I mit kleineren Gebrauchsspuren am Gehäuse geworden, für etwas mehr als 100 EUR. Da ich die Kamera hauptsächlich unterwegs und nicht im Wohnzimmer benutze, wird vermutlich der eine oder andere Kratzer noch dazukommen. Den Rest des Budgets werde ich für Zubehör ausgeben: Akku, Griff, Filteradapter und Tasche. Mehr dazu weiter unten.


Wo ist denn das Ladegerät?

Ich war etwas erstaunt, als ich festgestellt habe, dass bei der Kamera kein Akkuladegerät zum Lieferumfang gehört. Der Akku wird statt dessen über die Kamera mit einem normalen Micro-USB-Kabel geladen. Was für mich zuerst wie eine Sparmaßnahme aussieht, erscheint auf den zweiten Blick dann wiederum als äußerst zweckmäßig. Wenn ich schon eine kleine Kamera benutze, um Platz und Gewicht zu sparen, warum sollte ich mir noch ein zusätzliches Ladegerät mit mir herumtragen, wenn die Kamera das Ladegerät sein kann? Und zur Not kann man unterwegs den Akku auf diese Weise auch mit einer Powerbank aufladen, wenn gerade mal keine Steckdose in der Nähe ist.

Bei der Kamera ist ein Akku vom Typ NP-BX1 im Lieferumfang dabei. Meiner ist mittlerweile über sieben Jahre alt, ist aber soweit noch ok. Da es mich ungemein beruhigt, wenn ich noch einen geladenen Akku dabei habe, habe ich mir umgehend einen zweiten Akku gekauft. Die Auswahl an kompatiblen Akkus für die RX100 ist riesig. Da der Aufpreis für den Original-Akku von Sony gegenüber den Produkten von namhaften Drittanbietern vertretbar ist, habe ich mich für das Original entschieden.

Laut Bedienungsanleitung reicht ein voller Akku für über 300 Aufnahmen. Das ist mehr, als ich an einem Tag normalerweise mache. In der Praxis komme ich bei Tagesausflügen sehr gut mit einem einzigen Akku aus. Anders sieht es bei Videoaufnahmen aus. Ich nutze die Videofunktion nur von Zeit zu Zeit, um den Akku komplett zu entladen und dann wieder vollständig zu laden. Auf diese Weise kann ich den vollen Akku in etwas mehr als einer Stunde entladen. Sony gibt die Laufzeit bei Videoaufzeichnungen mit 80 Minuten an, das passt ungefähr. Wer viel filmt, der kommt um einen zweiten Akku nicht herum.


Die RX100 auf dem Stativ ...

Die Kamera hat an der Unterseite das übliche Gewinde für eine 1/4" Stativschraube - allerdings nicht in der Objektivmitte, sondern etwas seitlich versetzt, was Panoramaaufnahmen auf dem Stativ nicht gerade vereinfacht. Leider hatte ich bisher noch keine Möglichkeit, das Panoramaprogramm der RX100 auf dem Stativ ausgiebig zu testen.

Alle meine Stative haben eine Arca Swiss kompatible Aufnahme. Selbst mein kleinstes Cullmann Magnesit Copter habe ich vor einiger Zeit auf Arca Swiss umgerüstet. Damit liegt es Nahe, auch die RX100 darauf anzupassen. Zwar lässt sich eine Arca Swiss kompatible Platte problemlos an der Unterseite der RX100 anbringen, allerdings blockiert selbst die kleinste Platte den Deckel für Akku und Speicherkarte. Es gibt jedoch spezielle Handgriffe für die RX100 (z.B. den HG-RX100 von JJC) die die Schwierigkeit mit dem Deckel nicht haben und gleichzeitig noch andere Probleme lösen: Die Kamera lässt sich mittels durchgängiger Schiene mittig auf dem Stativ befestigen und bietet noch auch einen Kameragriff, wo sich normalerweise der rechte Mittelfinger befindet, um die Kamera zu stabil zu halten.

Da ich mit der RX100 recht wenig auf dem Stativ fotografiere, kann ich damit leben, bei Bedarf schnell mal eine Platte anzubringen. Beim Thema Stativ sind wir wieder da, wo wir bereits beim Aufsteckblitz waren: Wenn ich schon ein Stativ mit 1,3 kg Gewicht und 50 cm Packmaß mitnehme, dann kann es auch ruhig die spiegellose Systemkamera oder gar die DSLR sein.


... und in der Hand.

Der Handgriff von JJC ist eine gute Lösung, bedeutet aber auch wieder ein größeres Maß und mehr Gewicht. Die paar Gramm Aluminium mögen vernachlässigbar sein, aber die Kamera ist halt wieder ein Stück größer. Wenn die Kamera nicht lose im Rucksack oder in der Hosentasche mitgeführt wird, sondern in einer passgenauen Kameratasche am Gürtel, dann kann das unter Umständen schon knapp werden.

Da die RX100 ein glattes, abgerundetes Gehäuse hat, kann es schwierig werden, die Kamera sicher mit einer Hand zu bedienen. Das kann beispielsweise beim Klettern oder Fahrradfahren der Fall sein. Sony bietet dafür den selbstklebenden Griff AG-R2 für ca. 15 EUR an, der sich sehr einfach anbringen lässt. Ob der Griff die Kamera optisch aufwertet, mag jeder für sich beurteilen. Auf jeden Fall verbessert der gummierte Griff das Handling enorm, ohne das Gewicht oder die Abmessungen spürbar zu verändern.


Das Objektiv Carl Zeiss Vario Sonnar 1,8-4,9/10,4-37,1

Im Gegensatz zu einer Systemkamera lässt sich bei einer Kompaktkamera das Objektiv nicht wechseln. Man muss also dauerhaft mit dem auskommen, was die Kamera bietet. Die RX100 besitzt ein Objektiv mit Gläsern aus dem Hause Carl Zeiss. Um die Verwirrung etwas in Grenzen zu halten, gibt Sony die Brennweite äquivalent zur Kleinbildkamera an. Auf dem Objektiv ist zwar die Brennweite mit 10,4-37,1 aufgedruckt, ansonsten wird jedoch fast immer die Brennweite mit 28-100 angegeben. Dieser Bereich ist ein angenehmer Weitwinkel bis hin zum leichten Tele. Ab der Mark III beträgt die Brennweite 24-70, was in etwa dem üblichen Bereich eines Kit-Objektivs einer DSLR entspricht.

Der kleinste Blendenwert reicht je nach Zoom von 1,8 bis 4,9. Die Offenblende von 1,8 gilt jedoch nur für den Weitwinkelbereich von exakt 28mm. Beim geringsten Zoom verringert sich die Blende auf 2,0 und hat bereits vor dem Erreichen der 35mm-Marke schon den Wert 2,8. Bei 70mm ist die Blende von 4,0 aber immer noch als akzeptabel zu bezeichnen, bis sie dann oberhalb von 90mm einen Wert von 4,9 erreicht.

Insgesamt ist das Objektiv gelungen, es ist leise und scharf. Bedingt durch den Motorantrieb geht das Zoomen natürlich etwas langsamer als bei einem Objektiv an einer Systemkamera. Der Bildstabilisator arbeitet einwandfrei und auch der Autofokus lässt zumindest bei mir keine Wünsche offen.


Die Lösung des Filter-Problems

Anders als Wechselobjektive haben Objektive von Kompaktkameras kein Filtergewinde. Das ist ein Nachteil, wenn man einen CPL- oder ND-Filter anbringen möchte. Einige Modelle der RX100 (Mark III bis V) verfügen über einen integrierten ND8-Filter, der sich bei Bedarf aktivieren lässt. Wem ein ND8 nicht ausreicht oder wer einen Polarisations-Filter anbringen möchte, der kann den Adapter VFA-49R1 von Sony verwenden oder auf eine Lösung von Drittanbietern ausweichen. Ich habe mich für den Magnet-Adapter MagFilter von Carry Speed entschieden und bin damit absolut zufrieden. Mit der Gewindegröße von 58mm kann ich alle meine vorhandenen Filter verwenden. Dieser Adapter passt bei allen RX100-Modellen.

Bei diesem Adapter wird ein kleiner selbstklebender und unauffälliger Metallring vorne am Objektiv befestigt. Wie unauffällig dieser Ring ist, kann man oben auf dem Foto am Anfang des Artikels sehen. Darauf setzt man dann den magnetischen Filteradapter auf. Auch wenn der Adapter von Carry Speed komfortabel in der Anwendung ist, so ist das nichts für den Dauerbetrieb, wie bei Schraubfiltern bei Wechselobjektiven an Systemkameras. Zu hoch ist hier das Risiko, dass man den Adapter inklusive Filter unterwegs oder beim Verstauen der Kamera verliert, auch wenn der Magnet an sich recht gut hält.

Sony DSC RX100 mit Carry Speed Magnetadapter und 58mm Polfilter

In Sack und Pack

Die handliche Größe und das geringe Gewicht verleiten dazu, die Kamera einfach in der Hosen- oder Jackentasche mit sich zu führen. Als Immer-dabei-Kamera ist das auch Ok. Wohin aber mit Ersatzakku, Filteradapter und Arca Swiss-Platte? Und verträgt sich die Kamera mit dem Schlüsselbund in der gleichen Tasche? Hier bietet sich dann doch eine passende Kameratasche an. Auch hier ist die Auswahl an Taschen für Kompaktkameras unendlich. Ich habe mich für eine Tasche von Sony entschieden, die LCS-CSJ Universaltasche für 20 EUR. Die Kamera passt mit der Handschlaufe bequem ins Hauptfach und die anderen Kleinteile lassen sich in den anderen beiden Fächern unterbringen. Die Tasche lässt sich mit Klettbändern (nicht mitgeliefert) über die Gürtelschlaufe vorne am Rucksackgurt befestigen, so dass man die Kamera unterwegs schnell im Zugriff hat.


Die fotografischen Qualitäten der RX100

Natürlich kann man die RX100 mit klassischen Point-and-Shoot-Kameras aus der 100 EUR-Kategorie vergleichen, Man kann sie auch mit APS-C Systemkameras wie der Sony Alpha 6000 oder der Canon EOS M6 vergleichen. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Es kommt immer darauf an, was man damit machen möchte. Dass die Kamera von Anfang an von den Medien so positiv bewertet wurde, hat durchaus seinen Grund. Die Kamera ist zweifelsfrei gut. Doch nicht ohne ein "aber" im Nachgang.

Ich nutze die RX100 fast ausschließlich für die Landschaftsfotografie. Dort verwende ich meistens eine Blende 8 für eine ausreichende Schärfentiefe. Wenn ich etwas freistellen möchte, also ein scharfes Vordergrundmotiv mit unscharfem Hintergrund, dann gehe ich mit dem Blendenwert so weit wie möglich runter und aus dem Weitwinkelbereich raus auf mindestens 50mm. Die RX100 kommt beim Freistellen definitiv an ihre Grenzen. Das gilt übrigens für viele Kompaktkameras mit 1"-Sensor.

Der Bildsensor mit einem Crop-Faktor von 2,7 ist etwas mehr als doppelt so groß wie der eines Smartphones (z.B. iPhone XS). Das reicht aber nicht, um Motive genauso einfach freizustellen wie mit einer APS-C oder Vollformatkamera. Hier muss man schon ein wenig tricksen und einen weit entfernten Hintergrund bei möglichst kurzem Abstand zum Motiv wählen. Meiner Meinung nach ist die RX100 nicht primär für die Porträtfotografie (oder ähnliche Anwendungen) geeignet.

Bei der Architektur- oder Landschaftsfotografie kann die RX100 ihre Stärken zeigen. Die zahlreichen Automatikprogramme sorgen dafür, dass auch ohne besondere fotografische Kenntnisse gute Ergebnisse erzielt werden können.

Der eingebaute Blitz kann auf kurze Entfernungen als Aufhellblitz genutzt werden, man darf hier aber keine Wunder bei Leistung und Reichweite erwarten. Regelt man die Leistung über die Blitzkompensation vollständig runter, dann kann man darüber einen entfesselten Blitz auslösen, wenn dieser als optischer Slave eingestellt ist.


Update Mai 2021

Ein Hinweis aus der Praxis: Aufgrund der kürzesten Verschlusszeit von nur 1/2000 bei den Modellen RX100 bis einschließlich Mark III ist man im manuellen Modus M oder in der Halbautomatik A bei strahlendem Sonnenschein darauf angewiesen, die Blende entsprechend zu schließen, die Belichtungskorrektur herunterzudrehen oder einen ND-Filter zu verwenden um Überbelichtungen zu vermeiden. Wer hingegen die Automatikprogramme benutzt, wird damit wohl wenig Probleme haben.


Fazit

Eine wirklich gute, leistungsfähige und ausgereifte Kamera, die man immer dabei haben kann. Die Stärken sind gute fotografische Leistungen bei minimalen Maßen und Gewicht. Ich bin mit der Mark I absolut zufrieden, so dass ich momentan kein Bedürfnis habe, die Kamera gegen ein moderneres Modell tauschen zu wollen.

Für den Fall, dass ich mit Stativ oder Aufsteckblitz unterwegs bin oder spezielle Anforderungen an das Objektiv habe, wird die Wahl jedoch auf eine andere, größere und schwerere Kamera fallen.